Wittenberge


Wittenberge ist die Stadt mit den meisten Einwohnern in der Prignitz. Sie liegt im Nordwesten Brandenburgs am nördlichen Ufer der Elbe, die die Grenze zur Altmark in Sachsen-Anhalt bildet. Mit einer Fläche von 50,63 Quadratkilometern ist Wittenberge nicht die größte Stadt des Landkreises. Die Kreisstadt Perleberg und die Kleinstadt Pritzwalk erstrecken sich auf weit mehr Fläche, haben aber eine geringere Bevölkerungsdichte.

Über Wittenberge

Wittenberge wird urkundlich bereits 1239 als de Uittenberge erwähnt. Der Name geht auf eine Burg zurück und soll soviel wie Weißenberg oder Weißenburg bedeuten. Später erscheinen auch die Namen Wittemberge, Wittenburg und Witteberge.

Die Gründung der Stadt geht auf die Edlen Gans zurück, später zu Putlitz genannt, die im 12. und 13. Jahrhundert Territorialherren der Westprignitz waren. Die Besitzer wechselten im Lauf der Jahrhunderte mehrmals. Im Historischen Ortslexikon Prignitz sind unter anderem der Ritter Albert von Clepizk, Georg von Garstenbüttel und Johann von Buch zu Garsedow verzeichnet. Um die Ursprünge von Wittenberge und alte Zeiten drehen sich die Sagen Die alte Stadt Wittenberge, Das untergegangene Wittenberge und Der Hildebrand bei Wittenberge.

Wittenberge brannte mehrmals ab und erlitt in den Jahren 1709 und 1761 starke Schäden durch Überschwemmungen nach Elbdeichbrüchen. Bereits der Dreißigjährige Krieg hatte der Stadt zu schaffen gemacht. Im Zweiten Weltkrieg kam es erneut zu erheblichen Schäden an Industrie- und Wohngebäuden.

Trotzdem stieg die Anzahl der Einwohner bis gegen Ende der 1980er Jahre kontinuierlich an. Zeitweise lebten hier fast 39.590 Menschen. 1988 waren es 30.240. Nach der deutschen Wiedervereinigung reduzierte sich die Einwohnerzahl radikal. Hauptgrund war wohl der Abbau von Arbeitsplätzen, da die wichtigsten Industriebetriebe geschlossen wurden.

Durch die Lage an der Elbe sowie die Nähe zu den Großstädten Hamburg und Berlin hatte sich Wittenberge schon frühzeitig zu einer Industriestadt entwickelt. Dadurch erklärt sich auch die höhere Bevölkerungsdichte gegenüber den anderen beiden Prignitzer Städten. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Wittenberge einen Hafen, an dem unter anderem ein Dampfschiff der Passagierlinie Hamburg-Berlin anlegte.

Klassizismus und Jugendstil in Wittenberge

Wittenberge - Gründerzeitviertel

Von der Entwicklung einer aufstrebenden Stadt zu Beginn des letzten Jahrhunderts zeugen das 1846 im klassizistischen Stil erbaute Bahnhofsgebäude und die prachtvollen Häuser im Gründerzeitviertel Heisterbusch, die zum größten Teil restauriert wurden, sodass man heute wieder die abwechslungsreichen Jugendstilfassaden bewundern kann.

Wer vom Bahnhof über die Goethestraße läuft, kommt unweigerlich auf das Haus der vier Jahreszeiten in der Johannes-Runge-Straße zu. Dieses wurde 1906 als Wohn- und Geschäftshaus errichtet und fällt durch die farbenfrohe Darstellung von Frühling, Sommer, Herbst und Winter an der Fassade auf.

Der Wasserturm

Der Wittenberger Wasserturm wurde von 1903 bis 1904 nach Plänen des Stadtbaumeisters Friede Everhard Bruns an der Parkstraße erbaut. Er ist 41 Meter hoch und hat an seinem unteren Ende einen Außendurchmesser von fast elf Metern. Der Turm diente bis 1984 der Gewinnung von Trinkwasser aus Grundwasser, welches aus Rohrbrunnen gefördert wurde. Auf 23 Meter Höhe befindet sich eine Aussichtsplattform. Neben dem Wasserturm steht eine Trinkhalle. Leider ist beides derzeit nicht mehr zugänglich.

Das Rathaus

Das Rathaus wurde zwischen 1912 bis 1914 nach Entwürfen von Friede Everhard Bruns und dem Architekten Heinrich Mußfeldt erbaut, nachdem das Stadthaus in der Altstadt für die administrativen Tätigkeiten zu klein geworden war.

Wittenberge - Rathaus an der August-Bebel-Straße

Das Gebäude hat eine rustikale Fassade aus Tuffstein und ist mit bleiverglasten und bemalten Fenstern aufwendig gestaltet. Der Rathausturm ist 51 Meter hoch und damit weithin zu sehen. Auf einer Höhe von 37,5 Metern befindet sich eine Aussichtsplattform, die während der Öffnungszeiten des Rathauses nach Anmeldung im Bürgerbüro im Erdgeschoss öffentlich zugänglich ist. Der Ratskeller beherbergt eine Gaststätte.

Links neben dem Rathaus steht das ehemalige städtische Lyzeum. Es wurde ebenfalls nach Plänen von Friede Everhard Bruns von 1914 bis 1916 im Stil des Neoklassizismus errichtet. Die einstige Mädchenschule ist heute das zweite Gebäude des Marie-Curie-Gymnasiums. Das Hauptgebäude befindet sich an der Sandfurttrift, Ecke Ernst-Thälmann-Straße nahe des Stadtparks und wurde 1895 als private Knabenschule gegründet. Der Stil ist neugotisch. Auch dieses Gebäude entstand nach Entwürfen von Bruns.

Das Kultur- und Festspielhaus

Wittenberge - Kultur- und Festspielhaus am Paul-Lincke-Platz

Das Kultur- und Festspielhaus an der Bahnstraße wurde im Stil des Neoklassizismus erbaut und am 7. Oktober 1959 als Kulturhaus eröffnet, pünktlich zum 10. Jahrestag der DDR. Es wurde nach dem expressionistischen Dichter und erstem Kulturminister der DDR Johannes R. Becher benannt, der ein Jahr zuvor verstorben war. Seit 1994 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Es wurde zwischen 1997 bis 1999 umfangreich saniert.

Die Veranstaltungen im Kultur- und Festspielhaus sind vielfältig. The Sweet traten hier ebenso auf wie Münchener Freiheit oder Götz Alsmann. Außerdem gibt es Musicalaufführungen, Satire-Shows und Oldie-Veranstaltungen. Im Gebäude befindet sich auch die Wittenberger Touristinformation.

Das Steintor und das Stadtmuseum

Das Steintor befindet sich auf dem Weg vom Kultur- und Festspielhaus zum Stadtmuseum. Es ist das älteste Gebäude von Wittenberge. Bereits um 1297 wird an dieser Stelle ein Stadttor erwähnt. Dieses fiel einem Brand zum Opfer. Das heutige Gebäude stammt etwa von 1430. Für lange Zeit wurde es als Gefängnis genutzt. Ab 1926 befanden sich die Sammlungen des Heimatmuseums in den Räumen.

Wittenberge - Das Stadtmuseum in der Putlitzstraße, Alte Burg genannt, ist das älteste Gebäude der Stadt

Heute gehört das Steintor zum Stadtmuseum und kann nach Anmeldung dort besichtigt werden.

Im ältesten Wohngebäude der Stadt, Alte Burg genannt, befindet sich das Stadtmuseum. Das Haus wurde 1669 als Herrensitz der Edlen Gans zu Putzlitz erbaut und war bis in das 19. Jahrhundert ein Gutshof. Später diente es als Gärtnerei, Töchterschule und Wohnhaus, bevor es 1971 zum Stadtmuseum wurde. Neben ständigen Ausstellungen zur Geschichte Wittenberges finden hier auch regelmäßig Sonderschauen statt.

Die Elbebrücke und der Deich

Was wäre Wittenberge ohne die Elbe? Ein Spaziergang auf dem Elbedeich mit Blick auf die beiden Elbebrücken ist daher ein Muss. Auf einer Brücke verläuft die Bundesstraße B189. Sie wurde 1978 erbaut und ist 1.110 Meter lang. Damit war sie die längste Straßenbrücke, die in der DDR gebaut wurde. Die 1987 erbaute Eisenbahnbrücke ist mit 1.030 Metern zwar etwas kürzer, aber dennoch die längste zu DDR-Zeiten erbaute Eisenbahnbrücke.

Wittenberge-Eisenbahnelbbrücke

Die Wittenberger Häfen

Wittenberge hat zwei Häfen. Der Binnenhafen zum Verladen von Gütern befindet sich an der Stepenitz in der Nähe der Nähmaschinenfabrik. Interessanter für Besucher der Stadt dürfte allerdings der Sportbootanger Nedwighafen sein, an dem man bei einem Spaziergang über den Deich entlangkommt. Hier können Motorboote und Kanus anlegen und alle nötigen Ver- und Entsorgungseinrichtungen nutzen. Außerdem befinden sich neben dem Hafen ein Stellplatz für Wohnmobile sowie das Restaurant "Zum Fährmann". In den Monaten Mai bis September wird auf dem Fahrgastschiff "Herz II" eine Hafenrundfahrt angeboten.

Die Alte Ölmühle

Als Beginn der Industrialisierung wird der Bau einer Ölmühle im Jahr 1823 durch den Kaufmann Salomon Herz aus Bernburg angesehen, der zuvor in Berlin eine Getreidegroßhandlung eröffnet hatte und nun zum ersten Betreiber eines Ölhandelshauses wurde. In Wittenberge wurde Rapsöl hergestellt, damals auch als Rübenöl, Rüböl oder Rübsenöl bekannt. Das Rapsöl wurde früher aufgrund seiner Bitterstoffe kaum verzehrt, sondern als Schmieröl, als Grundlage für die Herstellung von Seifen und als Lampenöl benutzt.

Das Unternehmen meisterte die schwierigen Jahre der Weltwirtschaftskrise in den 1920 Jahren und auch während des Zweiten Weltkrieges. Inzwischen agierte es als Aktiengesellschaft zunächst unter dem Namen S. Herz Ölfabriken Wittenberge und dann als Märkische Ölwerke AG. Erst 1945 wurde die Produktion eingestellt. Ab 1949 ging es in einem volkseigenen Betrieb weiter. Der VEB Märkische Ölwerke Wittenberge hatte gegen Ende der 1960er Jahre fast 700 Mitarbeiter. Kurz nach der Wende waren es nicht mal mehr halb so viele. Zwischen 1990 und 1991 arbeitete das Unternehmen kurz als Märkische Ölwerke AG weiter. Dann aber gingen die Licht aus und ein Großteil der Werksanlagen wurde abgerissen. Salomon Herz wird in Wittenberge heute durch den nach ihm benannten Platz vor dem Bahnhof geehrt.

Wittenberge - Ehemalige Ölmühle, heute Elbe Ressort Wittenberge und Veranstaltungsort der Elblandfestspiele. Hier: Die einstige Fabrikantenvilla.

Was zunächst nach einem Ende aussah, sollte einige Jahre später ein neuer Anfang werden. Nicht alle Gebäude waren abgerissen worden und was stehen geblieben war, wurde 1992 unter Denkmalschutz gestellt. Seit 2007 befindet sich in der Fabrikantenvilla und anderen Gebäuden direkt an der Elbe das "Elbe Resort Wittenberge". Dazu gehören unter anderem ein Hotel, ein Brauhaus, ein Restaurant, eine Strandbar sowie eine große Saunalandschaft mit Blick auf die Elbe. Zwei Speichertürme wurden zu einem Kletterturm und einem Tauchturm umgebaut.

Auf dem Gelände der Alten Ölmühle finden im Sommer die Elblandfestspiele Wittenberge statt.

Stadt der Nähmaschinen

"Stadt der Nähmaschinen" wurde Wittenberge früher genannt und wer die Stadt besucht, wird zumindest durch den Uhrenturm an der ehemaligen Nähmaschinenfabrik daran erinnert. Seit 1903 wurden hier Nähmaschinen hergestellt, zunächst für die amerikanische Firma Singer, später im volkseigenen Betrieb unter der Marke Veritas. In einer Broschüre der Stadt heißt es, dass während der gesamten Zeit rund 14 Millionen der praktischen Geräte gefertigt wurden. Viele davon sind auch heute noch in Haushalten zu finden.

Wittenberge-Uhrenturm

Der 49,90 Meter hohe Uhrenturm wurde um 1928 als Wasserturm erbaut, der die Wasserversorgung der Fabrik sichern sollte. Längst dient er diesem Zweck nicht mehr, sondern überragt die Stadt als Industriedenkmal mit der größten Uhr, die es in einem freistehenden Turm auf europäischem Festland geben soll. Allein das Zifferblatt hat einen Durchmesser von 7,30 Meter, der große Zeiger ist 3,30 Meter lang, der kleine 2,25 Meter.

Der Aufstieg in den Uhrenturm ist von April bis Oktober zwischen 10 bis 16 Uhr möglich. In einiger Höhe gibt es Ausstellungen mit Singer- und Veritas-Nähmaschinen verschiedener Generationen und Informationen zum Leben von Isaac Merrit Singer, der erheblichen Anteil an der Entwicklung der Nähmaschine hatte.

Wittenberge als Ausgangspunkt für Wanderungen und Radtouren

In Wittenberge werden geführte Wandertouren auf der Grünen Route und der Deichgrafentour angeboten, die jeweils drei Stunden dauern. Natürlich lassen sich die Routen auch selbst erkunden. Die Grüne Route führt durch die Stadt und beginnt am Bahnhof. Schilder weisen immer wieder den Weg, der zum Beispiel durch den Stadtpark, entlang der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und über den Deich führt. Bei der Deichgrafentour wird die Deichlandschaft rund um das Örtchen Hinzdorf am Rande der Fuchsberge erwandert.

Durch Wittenberge führt der Elberadweg, einer der bekanntesten Radfernwege Deutschlands. Bis nach Cuxhaven oder ins tschechische Riesengebirge müsst ihr von Wittenberge aus vielleicht nicht gleich fahren, denn auch die Gegend um Wittenberge ist sehenswert. Auf der 26,5 Kilometer langen Elbdörfertour geht es entlang des Deichs und auf wenig befahrenen Straßen durch mehrere Dörfer der Prignitz. Die 52 Kilometer lange Grenzlandtour erinnert an die deutsche Teilung und die ehemalige innerdeutsche Grenze.

Anreise - So kommst du von Berlin nach Wittenberge

Der Wittenberger Bahnhof wird nicht nur durch den Regionalverkehr bedient, sondern auch durch zahlreiche Fernzüge. Von Berlin aus erreicht man die die Stadt gut mit der Bahn. Der RE2 zwischen Cottbus und Wismar braucht von Berlin aus rund 1,5 Stunden. Der RE6 fährt über ab Gesundbrunnen nach Perleberg über Neuruppin, Wittstock (Dosse) sowie Pritzwalk und braucht ein bisschen länger. Am schnellsten geht es mit dem ICE oder dem EC Richtung Hamburg-Altona. Die Fahrzeit beträgt mit diesen Zügen weniger als eine Stunde ab Berlin-Hauptbahnhof.

Mit dem Auto dauert die Fahrt nach Wittenberge je nach Strecke zwischen zwei bis zweieinhalb Stunden vom Alexanderplatz in Berlin aus. Die kürzeste Strecke führt über die Bundesstraße B5 bis Perleberg und von hier aus weiter auf der Bundesstraße B189. Die schnellste Strecke geht über die Autobahn A24 bis Ausfahrt Pritzwalk und dann weiter auf der B189 über Pritzwalk, Groß Pankow und Perleberg.

Quellen

* Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin, Reinhard E. Fischer, be.bra wissenschaft verlag GmbH, Berlin-Brandenburg 2005
* Touristenführer 2022 Stadt Wittenberge, Kultur-, Sport- und Tourismusbetrieb Stadt Wittenberge 2022 (erhältlich in der Touristinformation am Kultur- und Festspielhaus)



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