Der wetterfeste Wollfilzhut aus Guben


„Gubener Hüte – weltbekannt durch ihre Güte“ hieß es ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als in der Hutfabrik C. G. Wilke die ersten wetterfesten Wollfilzhüte entwickelt wurden. Innovative Produktionsverfahren und andere Materialien machten es möglich.

Der erst 26jährige Carl Gottlob Wilke war 1822 aus Forst in die Stadt Guben gekommen, in der seit dem 16. Jahrhundert das Handwerk der Tuchmacherei blühte. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts boomte die Tuch- und Textilindustrie zunehmend. Wilke fand hier daher optimale Bedingungen vor: Es gab Fachleute, die sich mit der Verarbeitung von Wolle und Tierhaaren auskannten, die durch die Stadt fließende Neiße lieferte das dafür benötigte Wasser und Materialien mussten nicht von weither transportiert werden.

Zunächst stellte Wilke seine Hüte nach traditioneller Art her. Diese wärmten zwar und sahen schick aus, hielten den Kopf bei Regenwetter aber nicht lange trocken oder veränderten durch die Feuchtigkeit ihre Form. Erst Wilkes Veränderung des Herstellerprozesses verhalf Hutträgern zu einem wetterfesten Hut aus Wollfilz. Seine neue Technik hatte Wilke bei der Textilherstellung beobachtet:

Beim sogenannten Dekatieren wurden Wollstoffe oder Stoffe aus Wollmischgeweben unter Druck mit Wasserdampf behandelt. Dadurch schrumpften die Fasern zusammen, sodass ein nachträgliches Einlaufen verhindert wurde und das Material veredelt war. Dieses Verfahren wandte Wilke nun auf seine vorgeformten Hutrohlinge aus Haar- oder Wollfilz an. Sie wurden durch das Bedampfen mit Wasser in einer Druckluftkammer formstabil und weitestgehend wasserundurchlässig. Hinzu kam, dass Wilke neue Maschinen einführte und statt des teureren Hasenhaars Schafwolle verwendete. Dadurch wurde die Produktion in Serie möglich und der wetterfeste Wollfilzhut aus Guben konnte seine erfolgreiche Reise in die Welt antreten.

Der Erfolg von Carl Gottlob Wilke bescherte Guben schon bald den Zuzug und die Gründung weiterer Unternehmen der Hutindustrie. Um 1925 soll es allein in den Stadtteilen westlich der Neiße elf Hutfabriken gegeben haben. Dazu kamen als Zulieferer und Servicedienstleister sieben Hutformfabriken, ein Hutstoffwerk und zwei Fabriken, in denen Hutmaschinen gebaut und repariert wurden. Es heißt, dass zu diesem Zeitpunkt ein Drittel der Gubener Bevölkerung im Dienste der Hutindustrie stand.

Du willst einmal einen Hut aus Guben aufprobieren? Die Chance dazu hast du in einer realen und in einer virtuellen Hut-Probier-Station im Stadt- und Industriemuseum Guben in der Gasstraße 5. Die Öffnungszeiten und Eintrittspreise findest du auf der Website des Museums.

Die Hutfabrik C. G. Wilke wurde ab 1859 durch Wilkes Söhne Theodor und Friedrich weitergeführt, bis der Zweite Weltkrieg der Gubener Hutindustrie fast ein Ende bereitete. Die Produktionsanlagen und das Werksgelände waren nach Ende des Zweiten Weltkriegs zu rund 45 Prozent zerstört. Nach der Beschlagnahmung der Hutfabrik durch die Sowjetische Militäradministration wurde die Familie Wilke 1948 enteignet und der Betrieb in das VEB Werthut Werk überführt, der später zusammen mit weiteren Hutfabriken im VEB Vereinigte Hutwerke Guben aufging. Als Marke wurden die Hüte von Wilke jedoch noch weltweit vertrieben. Die im Zuge der politischen Wende einsetzende Privatisierung setzte der Gubener Hutindustrie ein Ende.

Auch wenn es die Hüte von Wilke heute nicht mehr gibt, muss auf den warmen und wetterfesten Kopfschutz nicht verzichtet werden. Filzhüte werden heute in vielen Farben und Formen angeboten, für Damen und für Herren, für niedrige Temperaturen im Freien oder für hohe in der Sauna. Hüte aus Wollfilz isolieren aber nicht nur gut gegen Kälte und Hitze, sondern sie haben noch weitere Vorteile: Das natürliche Material nimmt Feuchtigkeit auf und verhindert dadurch Nässe unter dem Hut. Außerdem ist es biologisch abbaubar und belastet deshalb die Umwelt weniger als Modelle aus Kunstfaser.

Hüte aus 100 Prozent Wollfilz findest du zum Beispiel in den Formvarianten Fedora, Trilby, Stetson oder Topfhut bei Amazon*

Buchtipps

  • Genial. Erfindungen aus Berlin und Brandenburg, Petra Kabus, Constanze Schröder, CULTURCONmedien 2010 (Direktsuche bei Amazon*)



Schick mir bei Fragen eine E-Mail oder erhalte aktuelle Informationen auf Instragram, Facebook oder über den RSS Feed!

Symbol für E-Mail
Facebook-Logo
RSS-Logo

Bild Meine Buchtipps